WM Katar 2022: Die heißesten Favoriten auf den Titel


Mit der Weltmeisterschaft 2022 in Katar (20. November bis 18. Dezember) steigt eines der umstrittensten Großereignisse nicht nur der Fußball-, sondern der gesamten Sportgeschichte. Blendet man die vielen Diskussionen rund um die Art und Weise der Vergabe des Turniers nach Katar, die vielen Todesopfer auf den WM-Baustellen und den Umgang mit einigen Menschenrechten im Wüstenstaat einmal aus, bleibt aber ein Turnier, das Spannung und Spitzensport verspricht.

Dass die WM erstmals im Winter und damit während einer Saison stattfindet, sorgt zwar bei den Vereinen für Kritik, lässt aber auch die Hoffnung zu, dass die Stars im Rhythmus und auf Top-Niveau sind. Wer der WM 2022 den Stempel aufdrücken kann, bleibt freilich abzuwarten. Generell scheint im Vorfeld des Turniers vieles offen, auch in Bezug auf den Sieger.

Zwei Südamerikaner als Top-Favoriten
Angeführt wird die Riege der Top-Favoriten mit Blick auf die Quoten der Buchmacher von Rekordweltmeister Brasilien, der sich erstmals seit dem fünften und bis dato letzten Triumph 2002 in Japan und Südkorea wieder die Krone aufsetzen will. Die Selecao hat eine makellose Qualifikation gespielt und verfügt sowohl defensiv als auch offensiv über jede Menge Qualität, scheint zudem nicht mehr so abhängig von Superstar Neymar wie bei den vergangenen Turnieren.

Mit Argentinien zählt auch der große Rivale Brasiliens zu den Top-Favoriten. Bei seiner persönlich letzten WM will Lionel Messi den in seiner Sammlung noch fehlenden Titel einfahren, kann bei diesem Vorhaben aber auch auf starke Mitspieler bauen. Unter Trainer Lionel Scaloni ist in den letzten Jahren eine funktionierende Einheit entstanden, die nicht zufällig mit dem Gewinn der Copa America 2021 eine Durststrecke von 28 Jahren ohne Titel beenden konnte und die nun auch auf ganz großer Bühne reüssieren möchte.

Frankreich und England als stärkste Europäer?
Die übrigen Top-Favoriten stammen allesamt aus Europa. Natürlich der noch amtierende Weltmeister Frankreich, der indes den Titelverteidigerfluch besiegen muss. Denn bei vier der letzten fünf Weltmeisterschaften ist der Titelverteidiger schon in der Vorrunde gescheitert. Frankreich verfügt zweifelsohne über einen der besten Kader, doch ob das Gefüge während des Turniers wie 2018 passt, bleibt abzuwarten. Dass mit Paul Pogba und Ngolo Kanté das Herzstück von vor vier Jahren fehlt, bedeutet auf jeden Fall eine Schwächung.

England hofft unterdessen erneut bzw. weiterhin auf den ersten Titel seit der Heim-WM 1966 und ist personell durchaus so aufgestellt, dass der Coup gelingen kann. Allerdings lief es bei den Three Lions in der Nations League alles andere als rund, wodurch Trainer Gareth Southgate schon vor Turnierstart unter Druck steht. Bei den letzten großen Turnieren allerdings war England auf den Punkt da und verpasste nach Platz vier bei der WM 2018 den EM-Titel 2021 erst im Elfmeterschießen des Finales gegen Italien.

Deutschland und Spanien an der Schwelle zu den Top-Favoriten
Der Übergang von den Top-Favoriten zum erweiterten Kreis der Titelkandidaten ist fließend und je nach Sichtweise durchaus variabel. Dennoch werden Deutschland und Spanien, die schon in der Gruppenphase direkt aufeinandertreffen, zwar stark, aber dennoch etwas schwächer als die Top-Vier eingestuft.

In beiden Teams gibt es Problemzonen wie jeweils einen fehlenden Mittelstürmer von Weltklasseformat, gleichzeitig aber eine Reihe von vielversprechenden jungen Spielern, die den Durchbruch schaffen könnten. Zu nennen sind auf spanischer Seite natürlich Gavi, Pedri und auch Ansu Fati, während man sich im deutschen Lager einiges vom im Trikot des FC Bayern München unwiderstehlichen Jamal Musiala erhofft. Und auch Youssoufa Moukokos erster Auftritt auf ganz großer Bühne steht bevor.

Vier Europäer im erweiterten Favoritenkreis
Die Niederlande, Portugal, Belgien und Dänemark sind vier weitere Vertreter Europas, die es zu beachten gilt. Dänemark hat seine Qualitäten erst im vergangenen Jahr bei der EM 2021 gezeigt, als die Skandinavier trotz der dramatischen Ereignisse um Christian Eriksen bis ins Halbfinale durchgestartet sind. Und auch in den Länderspielen seitdem, etwa in der Nations League, unterstrich die dänische Auswahl, dass die Leistungen bei der EURO kein Zufall waren.

Belgien gilt seit 2014 praktisch bei jedem Turnier als Geheimfavorit, wobei die goldene Generation um Kevin de Bruyne, Eden Hazard und Romelu Lukaku auch nicht mehr ganz jung ist und nicht mehr allzu viel Zeit hat, um endlich den ersehnten ersten Titel zu holen. Dass Lukaku aus einer langen Verletzungspause kommt und Hazard bei Real Madrid kaum eine Rolle spielt, sorgt indes für keine optimalen Voraussetzungen.

Portugal und die Niederlande haben beide einige Weltklassespieler in ihren Reihen, zudem mit Louis van Gaal bzw. Fernando Santos Trainer auf der Bank, die wissen, wie man Titel gewinnt. Erwischt eines der beiden Teams einen Lauf, wie es Portugal beim EM-Triumph 2016 ab der K.o.-Phase bereits gelungen ist, scheint alles möglich. Das machen schon alleine Namen wie Virgil van Dijk und Memphis Depay auf der einen sowie Bruno Fernandes, Rafael Leao und noch immer Cristiano Ronaldo auf der anderen Seite deutlich.

Potentielle Überraschungsteams im Fokus
Ein Überraschungsweltmeister gab es in der Fußballgeschichte bislang allenfalls 1950 mit Uruguay, als Brasilien sich vor der finalen Partie zu sicher wähnte. Ansonsten aber ging der WM-Pokal stets an große Fußballnationen und Sensationen wie bei den Europameisterschaften 1992 und 2004 mit den Titelgewinnern Dänemark und Griechenland blieben aus.

Auch 2022 ist seriös nicht mit einer Überraschung zu rechnen, wobei Kroatien zuletzt bei der WM 2018 nah dran war und sich erst im Finale Frankreich geschlagen geben musste. Die kroatische Auswahl sollte man auch jetzt wieder auf der Rechnung haben, ist aber nicht die einzige Mannschaft, die weiter kommen könnte als von der Allgemeinheit erwartet wird.

Auch die Schweiz, Uruguay und Serbien verfügen in ihren Aufgeboten über reichlich Qualität und könnten es bei günstigem Turnierverlauf weit schaffen. Dass etwa die Schweiz bei der EURO 2021 Weltmeister Frankreich im Achtelfinale im Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb kegeln konnte und im Viertelfinale auch Spanien am Rande einer Niederlage hatte, sollte den Großen als Warnung dienen.

Möglicherweise gelingt es aber auch einer nicht aus Europa oder Südamerika stammenden Nation, für Furore zu sorgen. Südkorea, 2002 als einzige Nation eines anderen Kontinents im Halbfinale, und Japan als Vertreter Asiens sowie der Senegal als amtierender Afrikameister sind nie zu unterschätzen.